Gemäss dem gestrigen Bundesratsentscheid sind Sportveranstaltungen per sofort und bis auf weiteres nur noch mit maximal 50 Zuschauern möglich. Damit ist für uns der Worst Case eingetroffen. Wir sind wieder bei den „Geisterspielen“, bei der sportlich trostlosen und finanziell katastrophalen Situation, wie wir sie schon am Ende der letzten Qualifikation erlebt haben.
Auch wenn wir anhand der Entwicklung der Infektionszahlen damit rechnen mussten und die gesundheitspolitischen Beweggründe nachvollziehen können, so sind die Konsequenzen für uns dramatisch und verheerend. Konsterniert und frustriert müssen wir feststellen: Wir haben mit einem immensen zeitlichen und finanziellen Aufwand ein funktionierendes Schutzkonzept erstellt und umgesetzt und sind dafür auch von den Behörden gelobt worden. Unsere Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich vorbildlich und diszipliniert allen Weisungen gefügt und sehr gut mitgemacht, wofür ich mich auch an dieser Stelle herzlich bedanke. Und jetzt, nach nur drei Heimspielen ohne einen einzigen Infektionsfall, ist alles vorbei und umsonst gewesen - das ist, gelinde ausgedrückt, frustrierend!
In allen Wirtschaftszweigen, branchenunabhängig, hört man landauf landab, dass man einen zweiten Lockdown nicht überleben würde. Die Bundesregierung hat gestern erklärt, die beschlossenen Massnahmen seien die letzte Möglichkeit, einen Lockdown zu verhindern. Nur, sehr verehrte Mitglieder der Landesregierung, sehr geehrte Parlamentarier - die gestrigen Entscheide sind für uns der zweite Lockdown! Der zweite Lockdown für unsere Branche, für den Spitzensport und seine Grossveranstaltungen mit einem hohen gesellschaftlichen Stellenwert, für die damit querfinanzierten Nachwuchssport-Organisationen, für die daraus resultierenden und ebenfalls mitfinanzierten Nationalmannschaften sowie für uns als Unternehmungen mit schweizweit mehreren tausenden Arbeitsplätzen! Und wie andere Wirtschaftszweige können auch wir den zweiten Lockdown ohne finanzielle Hilfe nicht überleben! In unserem Fall geht es um 120 Vollzeit- und rund 220 Teilzeitangestellte und um unsere gesamte Zulieferindustrie mit ihren Arbeitsstellen.
Bis heute haben wir vom Bund keine Hilfe erhalten – aber dafür eine Ungleichbehandlung erfahren:
Innerhalb der National League haben wir noch am Mittwochabend entschieden, den Spielbetrieb vorläufig bis und mit 1. Dezember weiterzuführen. Danach werden wir eine neue Lagebeurteilung vornehmen - unter Berücksichtigung der epidemiologischen Situation und auch der zugesagten Finanzhilfen des Bundes. Wir vom EVZ respektieren den Mehrheits-Entscheid der Klubs, auch wenn wir uns selbst für einen Unterbruch der Meisterschaft ausgesprochen hatten. Für uns sind es unsere Saisonkartenbesitzer, unsere Fans, unsere Kunden, unsere Sponsoren, unsere Gönner und Partner, welche unser Unternehmen finanzieren und für die wir tagtäglich unser Bestes geben wollen. Von ihnen allen haben in den vergangenen Monaten sehr viel Solidarität verspürt – vielen Dank hierfür. Alle unsere Mitarbeitenden haben zu einem Lohnverzicht eingewilligt – auch dafür nochmals herzlichen Dank. Sie alle haben möglichst viele Spiele vor möglichst vielen Zuschauern verdient, weshalb wir lieber zugewartet hätten, bis sich die Lage wieder etwas beruhigt.
So oder so: Das Unternehmen hat drastische Einsparungen vorgenommen und wird in diesem Geschäftsjahr einen Millionenverlust schreiben. Meines Erachtens sind nun der Bund und später allenfalls auch unser Kanton an der Reihe. Die Politik muss darüber entscheiden, ob es die sportlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Anlässe im Spitzensport, den damit verbundenen Nachwuchs- und Breitensport und die damit beschäftigen KMUs nach Covid-19 noch geben wird! Um finanziell zu überleben, benötigen wir vom Bund bis Ende Kalenderjahr 2020 dringend die Bewilligung für Kurzarbeit und die zur Weiterführung unseres Unternehmens minimal notwendige finanzielle Unterstützung in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen. Ich sehe diese in der Grössenordnung der Differenz zwischen den Auflagen beim Saisonstart und den neuen Bestimmungen von gestern. Meines Erachtens steht der Bund nicht nur bei den Entscheidungen in Bezug auf die aus gesundheitlichen Gründen notwendigen Schutzmassnahmen, sondern auch in Bezug auf die Eindämmung des wirtschaftlichen Schadens in der Verantwortung. Nur Restriktionen ohne finanzielle Unterstützung sind nicht akzeptabel!
Unser Saisonziel ist ab sofort das wirtschaftliche Überleben der Unternehmung EVZ, wenn immer möglich ohne wirtschaftlich bedingte Entlassungen von Mitarbeitern. Die wenigsten davon verdienen Millionen – genau genommen kein einziger! Aber wir alle werden kämpfen – das verspreche ich Ihnen!
Bleiben Sie gesund!
Patrick Lengwiler, EVZ CEO